80 Jahre nach dem 19. März 1944
"Mein Vaterland, so glaube ich, wollte mich töten“, beschrieb György Konrád den Kampf um sein Überleben im Sommer 1944 in Ungarn. Vor allem wollte Deutschland, und damit mein Vaterland, Konrád und Hunderttausende andere Ungarinnen und Ungarn töten.
DER SCHWÄRZESTE SOMMER
Wie der Holocaust nach Ungarn kam
Hoch oben über der Donau liegt die prachtvolle Villa Neuschloss am Budapester Rosenhügel. Sie lädt ein, um in eine fast vergessene Zeit einzutauchen. Versteckt in Dokumenten, Überlieferungen, Tagebüchern und Publikationen finden sich Geschichten von gesellschaftlichen Aufstiegen, den Vorboten des Zweiten Weltkriegs, dem dramatischen 19. März 1944 sowie dem Schicksal des Hausherrn Lipót Aschner, den die braunen Machthaber ins KZ sperrten. Und von Adolf Eichmann, der nach Budapest kam, um Hunderttausende Jüdinnen und Juden ermorden zu lassen und über Monate die enteignete, herrschaftliche Villa bewohnte. Der Vorlauf zum 19. März 1944 zeigt, wie die von den Nationalsozialisten geschürten Ressentiments vermehrt das politische Handeln in Ungarn bestimmten, wie aus Politik Gesetze und Verordnungen wurden und wie diese wiederum zu Taten führte.
Maren Schoening, wurde 1965 in Hamburg geboren und wuchs in einer Familie auf, wo geflüchtete auf nazitreue und weniger regimenahe Familienmitglieder trafen. Noch Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg wirkten die Gegensätze und warfen immer wieder neue Fragen nach Mustern und Zusammenhängen auf. Neben ihrer beruflichen Tätigkeit entwickelt und leitet die Autorin seit vielen Jahren ehrenamtlich bilaterale Dialog- und Austauschformate für junge Leute. In den vergangenen Jahren bildeten die Bezitehungen zwischen Deutschland und Ungarn einen Schwerpunkt der Arbeit.
Das Buch erscheint am 1. Oktober 2024
ISBN folgt
205 Seiten, 18 Euro.
„Wo Zeitzeugen sterben, müssen wir die Geschichten der Opfer von Rassismus und Ausgrenzung, von Antisemitismus und der Überbetonung des Nationalen immer wieder neu erzählen. Gerade heute, gerade jetzt, wo sich Spuren der Vergangenheit schleichend in unserer Gesellschaft ausbreiten.“
___Maren Schoening
AUS DEM INHALT
Hoch oben über der Donau liegt die prachtvolle Villa Neuschloss am Budapester Rosenhügel. Sie lädt ein, in eine fast vergessene Zeit einzutauchen. Versteckt in Dokumenten, Überlieferungen, Tagebüchern und Publikationen finden sich Geschichten von gesellschaftlichen Aufstiegen, den Vorboten des Zweiten Weltkriegs, dem dramatischen 19. März 1944 sowie dem Schicksal des Hausherren - des einst hochgeachteten Chefs des Tungsram-Konzerns, den die braunen Machthaber ins KZ sperrten -, Adolf Eichmann, der nach Budapest kam, um hunderttausende Jüdinnen und Juden zu ermorden und
über Monate die herrschaftliche Villa bewohnte.
80 Jahre nach der Besetzung Ungarns durch die deutsche Wehrmacht und die SS entfaltet Maren Schoening ein Panorama von enger deutsch-ungarischer Verbundenheit bis zur Wannsee-Konferenz, vom politischen Druck bis zur Besetzung des Landes am 19. März 1944 durch das Deutsche Reich. Sie geht den Fragen nach, wie fruchtbare kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen, zu Ausbeutung und Zwangsarbeit führen konnten. Warum die jüdische Bevölkerung Ungarns, angesichts von Millionen jüdischer Mitbürger, die in anderen Ländern bereits Opfer des nationalsozialistischen Rassenhasses und des Terrorstaates geworden waren, nicht fliehen konnte oder wollte. Die Autorin zeichnet Schicksale von Entrechtung, Zwangsarbeit, Folter und Mord nach und lässt aus anonymen Zahlenreihen die Lebensgeschichte von Männern und Frauen entstehen,
denen sie Gesicht und Stimme verleiht.
Die beklemmende Geschichte zeigt, wie Ressentiments immer mehr das politische Handeln bestimmten, wie aus Politik Gesetze und Verordnungen wurden und wie diese zu Taten führten. Lesen können wir es auch als Mahnung in einer Zeit, in denen erneut Antisemitismus, die Überbetonung des Nationalen und immer neue Anleihen an die Zeit der Diktatur Eingang in weite Teile unserer Gesellschaft finden.